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Freitag, 10. September 2010

immer wieder die alten Kasten

In den Kopfzeilen der westlichen Medien erscheint diese Tage die Mitteilung, dass die indische Regierung beschlossen hat, im Nachgang zur gross angelegten Volkszählung (2010/2011) die Kastenzughörigkeit, resp. Religion zu erheben. Das ist in Indien ein grosses Politikum.
Es handelt sich um ethisches Dilemma, weil man vermutlich nicht allen gerecht werden kann. Auf der einen Seite sind die Kasten längst abgeschafft worden. Sie spielen im modernen Indien keine zentrale Rolle, ausser bei der Wahl des Ehepartners. Das ist aber eine persönliche und familiäre Angelegenheit, in die sich der Staat nicht einmischen soll. Ebenso wenig haben wir in der Schweiz ein Gesetzt, das Deutschschweizer zur Ehe mit Welschen zwingen würde. Weil die Kasten offiziell abgeschafft sind, dürfte es eigentlich auch keine Erhebung der Kastenzughörigkeit geben.
Auf der anderen Seiten profitieren die ehemals Kastenlosen (Dalits) von Förderprogrammen und Quoten. In der ganzen riesigen Verwaltung, wozu auch die Universitäten und die Eisenbahngesellschaft (grösste Arbeitgeberin der Welt) gehören, sind anteilmässig Plätze für Minderheiten reserviert. Zu diesem Zweck muss der Staat aber wissen, wie gross die Minderheiten sind. Jede Volksgruppe (und die sie repräsentierenden Politiker) hat natürlich ein Interesse daran, dass die Anzahl ihrer Mitglieder möglichst hoch eingeschätzt wird. Die Erhebung der offiziell nicht mehr existierenden Kastenzugehörigkeit wird Klarheit bringen.
Oder auch nicht. Die Erhebung könnte auch zeigen, dass viele Inder, vor allem unterprivilegierte, die weder schreiben noch lesen können und ihr Dorf kaum je verlassen haben, mit der Frage nach ihrer Kastenzugehörigkeit überfordert sind...

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