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Dienstag, 3. August 2010

Minderheiten

Schon seit Jahrhunderten wird der Umgang mit Minderheiten in Indien thematisiert. Die Bevölkerung zerfällt in Jatis (Familien, Sippen, Religionsgemeinschaften). Von denen die einen oben, andere in der Mehrheit und wieder andere am Rand der Gesellschaft stehen. Vor Jahrtausenden hatten sich die Arier südlich des Indus niedergelassen und die indische Kultur (Hindi als Sprache, Hindu als Religion und Kultur) begründet. Die Ureinwohner werden von diesen "Kasten" ausgegrenzt, weil sie eben "kastenlos" sind. Deren Nachkommen werden heute als "SC and ST" (scheduled casts and scheduled tribes) bezeichnet und profitieren vom Quotensystem. Vor den Engländern hatten Muslims vor allem den Norden mehrmals erobert und beherrscht. Ihre Nachkommen bilden heute die grösste indische Minderheit und profitieren ebenfalls vom Quotensystem.
Das Quotensystem wird von der Mittelschicht heftig kritisiert, wird von Politikern aber weiterhin ausgebaut. Sie sichern sich damit Stimmen aus den entsprechenden Gruppen. Das Quotensystem gilt für alles, was mit der öffentlichen Hand zusammen hängt: Schulen, Colleges, Universitäten, Verwaltung, Eisenbahn (die grösste Arbeitgeberin der Welt) usw - nicht aber das Militär. Das Quotensystem reserviert Plätze für Mitglieder der entsprechenden Minderheit. Weil aber der Bildungsgrad in vielen Minderheiten sehr viel tiefer als der Bevölkerungsdurchschnitt liegt, unterscheiden sich die Anforderungen. Während ein Collegeanwärter aus der städtischen Mittelschicht einen Durchschnitt von 95% (entspricht bei uns vielleicht dem Notenschnitt von 5.5) haben muss, reichen für einen "Quotenschüler" 60% (was klar ungenügend ist). Das Gleiche gilt für die Besetzung der Staatsstellen, inklusive Lehrkräfte. Das führt dazu, dass in Colleges zweierlei Lehrkräfte zusammenarbeiten: hoch qualifizierte und solche, die nicht einmal korrekt Englisch sprechen. Das Qualifikationssystem wird durch die Quotenregelung unterlaufen. Manche Schlamperei der Behörden mag durch "Quoten-Mitarbeiter" verursacht sein. Behördliche Schlamperei ist oft die Ursache von Leerläufen, Verschwendung, Fehlplanungen und regelmässig Unfällen mit Todesfolgen.
Langfristig führt die Quotenregelung zu einer Schwächung der öffentlich-rechtlichen Institutionen. Der privatwirtschaftliche Sektor (Schulen, Transportwesen, Spitäler, Sicherheit usw.) muss sich nicht um die Quoten kümmern und wird gestärkt, womit sich das linkspolitische Postulat der Minderheitenförderung selber die Quelle austrocknet, aus der sie schöpfen und verteilen will.
Der Australier Peter Singer legt in seiner Ethik dar, dass eine Minderheitenförderung durch Quoten nur dann berechtigt ist und zum Erfolg führt, wenn sie befristet ist. Die Lösung wären Gesetze mit Verfalldatum.

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